Pressure Cooker

Das hier ist schon etwas älter und kam bei mir erst dann auf den Teller als ich krank auf dem Sofa viel Zeit und Appetit auf leichte Kost hatte. Die erste Staffel mit acht Folgen wurde im Januar 2023 auf Netflix veröffentlicht, eine zweite folgte nicht mehr. Und ich verstehe, warum.

In der Wikipedia steht, dass „Pressure Cooker“ oft als Kreuzung aus „Top Chef“ und „Big Brother“ bezeichnet wird und das trifft es recht gut. Elf professionelle Köche treten in dieser Reality Competition in der Küche gegeneinander an, kochen in Challenges gegeneinander, müssen in dieser Zeit aber auch zusammen leben (die Show verzichtet auf Moderation und zeigt die Kandidaten so isoliert wie nur möglich) und selbst entscheiden, wer aus ihrem Kreis den Wettbewerb verlassen muss. Es geht also nicht nur um den besten Geschmack, sondern um Mehrheiten, um Allianzen, um soziales Spiel. Diese Mischung aus Kochwettbewerb und Social Game – schmeckt nicht.

Das Urteil wäre vermutlich dasselbe, wenn nicht „Top Chef“, sondern „Blown Away“ oder „The X Factor“ oder – Gott bewahre – „Glow Up“ wäre, das hier mit dem Social Game gemischt worden wäre. Wenn Profis sich in ihrem Metier messen will man einfach den Besten gewinnen sehen und wenn sich Spieler zusammenschließen, um Mehrheiten zu erringen, wenn sie sich entscheiden, bei sich bietender Gelegenheit die größte Konkurrenz aus dem Spiel zu nehmen, um selbst bessere Chancen zu haben, fühlt es sich unfair an. „Pressure Cooker“ hat keine Mechanismen dagegen. Weder gibt es feste Gruppen wie z. B. bei Survivor, in denen man seine eigenen Chancen steigert, indem man die stärksten Spieler beisammen hält. Noch lässt sich das eigene Überleben wirklich durch Leistung sichern, da „Pressure Cooker“ fast durchgehend auf Team Challenges setzt und man somit durch Fehler der Mitstreiter auf der Abschussliste landen kann. Nicht nur das, es etabliert auch noch Mechaniken, um die Konkurrenz zu sabotieren. So kann einmal ein Spieler darüber entscheiden, wieviel Zeit die anderen jeweils zum Kochen haben, und teilt dem kritisch beäugten Power Couple natürlich die geringsten Beträge zu. Auch dass die Spieler jeweils selbst und ohne jegliche Vorgaben über ihre jeweiligen Teamzusammensetzungen entscheiden, ermöglicht eine gezielte Schwächung. „Pressure Cooker“ wirkt dabei konzeptuell selbst sehr unsicher. Darf in der zweiten Runde noch eine rausgewählte Kandidaten die Gerichte bewerten, so sind es danach die aktiven Mitspieler selbst, meist anonym, aber auch nicht immer, und manchmal auch ganz wer anders. Die Mechaniken ändern sich unterwegs und an mindestens einer Stelle hat man das Gefühl, dass sie kurzerhand geändert werden, um Drama im aktuellen Sozialgefüge zu erzeugen.

Am Ende fragt man sich: Ist es wirklich zufriedenstellend für einen gestandenen Koch einen Kochwettbewerb zu gewinnen, indem man sich strategisch der Konkurrenz entledigt hat und politisch auf Stimmenfang gegangen ist? Oder indem man nett und ehrlich und neutral war? Wenn die Juroren einem zwar eine persönliche Entwicklung bescheinigen aber nicht die beste Leistung? Das ist für Kandidaten wie Zuschauer doch irgendwie unbefriedigend. Und das Gegenbeispiel, dass diese Genre-Mischung überhaupt funktionieren kann, steht für mich noch aus.

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